Volckamer-Fenster

Erläutert von Kirchenführerin Gerlinde Knopp

Geschichte

Der 1477 eingeweihte Hallenchor wurde in nur wenig mehr als 5 Jahren mit einer Vielzahl großformatiger Glasfenster ausgeschmückt, dem fast kostbarsten, was es im Mittelalter gab. Glasfenster hatten im Hochmittelalter ihre besondere Bedeutung, weil sie die Glaubensinhalte leuchtend sichtbar machten.

Wohl zum Gedenken an seine 1483 verstorbene Ehefrau Apollonia, stiftete Peter Volckamer dieses Fenster, das von dem damals bekanntesten und angesehensten Glasmaler im deutschen Sprachraum, dem Straßburger Peter Hemmel aus Andlau, geschaffen wurde. Die durchaus zahlreichen Nürnberger Glasmalerwerkstätten waren dem Stifter anscheinend nicht gut genug.

Thema

Zentrales Motiv des Fensters ist die „Wurzel Jesse“. Das Weihnachtslied: „Es ist ein Ros` entsprungen aus einer Wurzel zart…“ erklingt in diesem Bild.

Aus dem Stamme Jesse kommt der Heiland. Jesse oder Isai war der Vater von König David aus Bethlehem. Die Wurzel Jesse geht auf eine Stelle aus dem Buch Jesaja zurück, in welcher der große Prophet Israel einen zukünftigen Messias als gerechten Richter und Retter der Armen verheißt. Dieser werde als Spross aus dem Baumstumpf Jesse wachsen (Jes. 11,1-10).

Beschreibung

In der Mitte der zweiten Fensterzeile von unten ist Jesse halb liegend auf einer Rasenbank dargestellt, mit einem reich bestickten Brokatmantel bekleidet. Aus seiner Brust erwächst der Stammbaum Jesu, in dessen Verzweigungen weitere Könige von Israel und Juda erscheinen. David gehört dazu, ein jugendlich schöner Mann, der die Harfe spielt und die Psalmen singt. Eine verästelte Genealogie von Propheten und Königen erwächst aus ihm, z.T. durch die biblischen Namen bezeichnet; zwölf von ihnen lassen sich identifizieren.

Eingebunden in eine städtische Kulisse, finden sich, links und rechts von Jesse, der kämpfende Hl. Georg  bzw. das Martyrium des Hl. Sebastian.

In der vierten Zeile erscheint das Jesuskind auf Marias Schoß, das sich mit der Hl. Katharina verlobt. Links am Rand sieht man den Evangelisten Johannes und Hl. Ursula, am rechten Rand Hl. Dorothea und Hl. Andreas.

Darüber, hinter dem goldverzierten, reich mit Pflanzen und Blüten geschmückten Baldachin, befinden sich Jesus als Schmerzensmann und Maria als Mater Dolorosa.

Ganz oben erscheinen Gottvater und der heilige Geist in Gestalt einer Taube, umrahmt von musizierenden Engeln.

In der untersten Zeile ist links der Stifter Peter Volckamer dargestellt, in der Mittelkonsole des grauen Baldachins steht sein Namenspatron Hl. Petrus. Als nächstes folgen rechts sein Sohn Nikolaus und der verstorbene Enkel Sebald mit ihren Namenspatronen Hl. Nikolaus und Hl. Sebaldus. Analog dazu finden wir ganz rechts die Ehefrau Apollonia, mit einer kleinen grauen Statue der Hl. Katharina. Links davon die Schwiegertochter Barbara und ihre beiden Töchter Veronika und Apollonia, daneben die Namenspatroninnen Hl. Apollonia und Hl. Barbara. Den Reichtum der Stifterfamilie kann man an den kostbar gefertigten Rosenkränzen der knienden Stifterinnen erkennen.                 

Mit seiner grandiosen gotischen Architekturdarstellung wurde dieses majestätische und zugleich liebliche Buntglasfenster zum Nürnberger Aushängeschild der von Peter Hemmel geführten Exportfirma und gilt heute als eine der bedeutendsten Schöpfungen der Glasmalerei überhaupt.

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