Kaiserfenster

Erläutert von Kirchenführer Bernhard Schneider

Das zentrale Fenster des Hallenchors, das Kaiserfenster, entstand um 1476/77 – wie die beiden benachbarten Fenster – in der Werkstatt Michael Wolgemuts. Stifter ist Kaiser Friedrich III. (*1415; 1440 röm.-dt. König, 1452 Kaiser; † 1493). Man sieht ihn im Zentrum des Fensters (Zeile 2, Feld c) mit seiner Gemahlin Eleonore von Portugal (†  1467), beide im Krönungsornat, in einem doppelt überhöhten Tabernakel, flankiert von den Wappen des Reiches (2 b) und Portugals (2 e). Die Stiftung gab Friedrich Gelegenheit, den Ruhm des Hauses Habsburg zu mehren, was in der untersten Zeile deutlich wird: Engel, wilde Männer und Schildknappen tragen die Wappen der habsburgischen Erblande. Zugleich konnte sich der Kaiser als Wahrer und Verteidiger des christlichen Glaubens darstellen, indem er sich im Bildprogramm auf berühmte Vorgänger und ihre Taten bezog.

Beschreibung

(v. u. n. o. Zeilen 1 – 6, v. l. n. r. Spalten a-f )

Die Erzählung beginnt oben in der 6. Zeile mit ausgewählten Motiven aus der Kreuzlegende. Papst Sylvester weist Kaiser Konstantin auf das Kreuz hin (6 a) und tauft ihn (6 c), ein Staatsakt, dem weltliche (6 b) und geistliche (6 d) Würdenträger beiwohnen. Nach der siegreichen Schlacht an der Milvischen Brücke vor Rom (6 e-f), vor der Konstantin der Legende nach seine Soldaten das Kreuzeszeichen auf die Schilde malen ließ, konnte er in Rom einziehen (5 a-b).

Die weiteren Felder in Zeile 5 erzählen, wie Konstantins Mutter Helena das Kreuz Christi in Jerusalem fand. Mit Hofdamen sieht sie (5 c) Arbeitern beim Graben zu (5  d). Sie finden drei Kreuze, die sie Helena übergeben (5 f). Daneben Träger mit der heiligen Lanze, dem ältesten Stück der Reichskleinodien, und einem Stab mit dem Schwamm, mit dem Christus getränkt wurde (5 e). Das wahre Kreuz Christi erweist sich dadurch, dass ein Toter wieder lebendig wird (4 a-b).

614 ging das Kreuz an die Perser verloren. Der byzantinische Kaiser Heraklius (575-641) konnte diese besiegen und der Legende nach den persischen König im Zweikampf auf einer Donaubrücke töten (3 a-b). Als er das Kreuz nach Jerusalem zurückbringen wollte, verwehrte ihm ein Engel den Zutritt (4 e). Erst als er seine kaiserlichen Insignien abgelegt hatte und im Büßergewand erschien, durfte er in die Stadt (4 f). Auf dem Mantelsaum in 4 e kann man „WOLE VT“ lesen, eine Signatur der Werkstatt.

Das letzte Beispiel ist der Kampf Karl d.Gr. gegen die Hunnen (Awaren), die er letztlich unterwerfen konnte (3 e-f).

In Zeile 2, Feld a, sehen wir heute den Apostel Thomas, eine Neuschöpfung des Nürnberger Glasmalers Johann J. Kellner (1836). Ursprünglich zeigte es Andreas, den Patron Niederösterreichs. In 2 f ist Christophorus, der Lieblingsheilige Friedrichs, dargestellt.

Im Maßwerk oben sehen wir Christus als Schmerzensmann umgeben von den Werkzeugen, mit denen er gemartert wurde (von links nach rechts: Säule der Geißelung, Kreuz, Lanze, Schwamm mit Essig).

Zweifellos sah sich Friedrich in der Reihe der siegreichen Verteidiger des Christentums. Die Realität sah anders aus: 1453 hatten die Türken Konstantinopel erobert und drangen immer weiter vor. Trotz mehrfacher Aufforderung unternahm Friedrich III. – „des Reiches Schlafmütze“ – nichts gegen sie. Den Kampf musste der ungarische König Matthias Corvinus führen.