Schlüsselfelder-Fenster

Erläutert von Diakon Hans Lenski

Alle farbigen Glasscheiben dieser Kirche sind Stiftungen frommer Nürnberger Bürger.

Die Scheiben zu diesem Fenster – die fast alle verloren gingen – stiftete um 1481 die Familie Schlüsselfelder.

Als 1601 das Tucher-Fenster (von hier aus 2. Fenster, rechts) – im Renaissancestil – „verneut“ wurde, behielt man von den dreißig alten Scheiben, welche die „Hostienmühle“ zeigten, nur neun und setzte sie in diesem Fenster ein. Es sind die neun linken Scheiben der zwölf Gläser des mittleren Scheibenblocks.

Theologischer Hintergrund

Was sind Hostienmühlen? Hostienmühlen sind der Versuch, mit einer Allegorie den gedanklich schwierigen Teil der Hl. Messe (Hl. Abendmahl), nämlich die Wandlung  (Transsubstantiation) verständlich zu machen.

Es geht um die Worte Jesu „Das Brot das ihr esst – ist mein Leib. / Der Wein den ihr trinkt – ist mein Blut.“ (Lk 22,19)

Die Wandlung, so sagen die Theologen, gleicht dem Vorgang in einer Mehlmühle. In den Mühlentrichter werden Getreidekörner geschüttet und aus der Mehlschütte kommt reines, weißes Mehl. Die Körner haben sich also gewandelt.

In die Hostienmühle werden biblische Spruchbänder oder Hostien geschüttet (da sind die Darstellungen unterschiedlich), und aus der Schütte kommen dann (und auch hier ohne Regel) konsekrierte Hostien oder eine kleine Christusfigur oder beides

Beschreibung der vorhandenen 9 Scheiben

Obere Reihe:

Hier wird der Raum der himmlischen Herrlichkeit dargestellt: Unter einem von vier Säulen gestützten Baldachin sitzt Gottvater, flankiert von drei musizierenden Engeln.

Mittlere Reihe:

Das Thema dieser drei Scheiben ist die Menschwerdung Gottes. Links der Engel Gabriel als Botschafter Gottes und rechts Maria, die werdende Mutter Gottes. In der Mitte die Taube des Heiligen Geistes, von der Segensstrahlen ausgehen.

Untere Reihe:

Hier wird das Thema der Hostienmühle aufgegriffen. Die Evangelisten Johannes und Matthäus bringen in kniender Haltung Körbe mit Hostien zur Mühle und Lukas und Markus schütten sie in den Mühlentrichter. Die Evangelisten sind anthropomorph dargestellt, also in Menschengestalt mit Symbolköpfen. Jeder von ihnen trägt einen goldenen Nimbus und ein weißes Chorhemd (Albe).

Was verloren ging – Versuch einer Rekonstruktion

Die Hostienmühle der Lorenzkirche ist nicht vollständig, es fehlen die unteren drei Bildzeilen.

Wenn unsere Hostienmühle nicht ganz vom allgemeinen Schema abweicht, dann könnten die drei unteren Reihen folgende Szenen enthalten haben:

Zeile 3: Die zwölf Apostel drehen an einer Kurbel und treiben dadurch das Mahlwerk an.

Zeile 2: Die vier Kirchenväter knien neben der Mehlschütte und fangen mit einem Kelch eine kleine Christusfigur auf.

Zeile 1: Probst Tucher wird bei der Messe die Hostie gereicht, bildliche Darstellung der Kommunionsszene, weitere Wappen.

Hostienmühle: 1481, Stiftung durch Probst Dr. Lorenz Tucher (1447-1503) – Ein Bildnis von Tucher (von 1601) findet sich im Tucherfenster unten links – der Glaskünstler ist unbekannt – 1839 wurden viele Scheiben überarbeitet und erneuert. Von den 4 Evangelisten ist nur Johannes (Adlerkopf) im oberen Teil original. Das Originalfenster war schmaler, fünfbahnig! – Es haben sich nur 24 Abbildungen dieser Art erhalten.

Wissenswertes: Das Schlüsselfelder-Fenster enthält: Wappenscheiben „Schlüsselfelder“ – die Hostienmühle – Szenen aus: Jesu Leben – Leben Johannes d.T. – Heiligenlegende – Sterbeinschrift „Nützel“.

„Christus in der Kelter“, das eucharistische Gegenstück zur Hostienmühle, können Sie auf dem Stör-Epitaph in der westlichsten Kapelle des nördlichen Seitenschiffs erforschen.