Epitaph für Johannes von Ehenheim (1438)

Erklärt von Kirchenführer Lutz Henning

Historische Anmerkung

Als die Stelle des Propstes an St. Lorenz am 02.03.1438 frei geworden war, präsentierte der Rat der Stadt dem Bischof von Bamberg den herausragenden Juristen und Professor der Theologie Dr. Conrad Konhofer, dessen diplomatischen Geschick die Stadt wichtige Erfolge zu verdanken hatte, etwa die Heiligsprechung des Sebaldus.

Der Bischof wollte sich damals gegen das Domkapitel nicht durchsetzen, das die Stelle für einen der ihren forderte. Der Bischof ernannte deswegen Dr. Johannes von Ehenheim.

Wenige Wochen danach, am 19.04.1438, verstarb Johannes von Ehenheim. Jetzt war der Weg frei und Dr. Konhofer wurde Propst. Für unsere Lorenzkirche hat Konhofer Bedeutendes erreicht und geschaffen.

Beschreibung

Das Bild zeigt drei reich gekleidete Personen und einen nahezu nackten Mann mit Schultertuch, dessen Genitalien nur unzureichend vom durchsichtigen Lendentuch verborgen werden. Vor diesen vier Personen, die dicht gedrängt das Gemälde vollständig ausfüllen, kniet ein Kleriker, wesentlich kleiner von Gestalt – und damit geringer an Bedeutung.

Die drei reich Gekleideten sind durch ihre Attribute als Heilige ausgewiesen: Ganz links, mit dem Rost, der hl. Lorenz. Neben ihm stehen die Schutzheiligen der Diözese Bamberg, Kunigunde und Kaiser Heinrich II., die zusammen ein Modell des von ihnen gestifteten Bamberger Doms tragen.

Ihre Handhaltungen lassen uns erkennen, dass sie den Knienden schützen und empfehlen. Dieser ist Dr. Johannes von Ehenheim, der für kurze Zeit Propst der Lorenzkirche war.

Der Nackte ist Christus als Schmerzensmann. Er verdichtet in dieser Gestalt die Schmerzen der gesamten Passion und macht sie ermessbar und erlebbar. Er ist die Verkörperung der göttlichen Misericordia. Im Spätmittelalter wurde diese Darstellung Barmherzigkeit genannt und, wie eine Quelle berichtet, auch „nackete parmhertzigkeit“. Beim letzten Gericht ist er der wichtigste Fürsprecher und steht für die Vergebungsgewissheit und die damit verbundene Auferstehungserwartung.

Das kostbare Tuch, das ihm über die Schultern gelegt wurde, ist, wie ein Ehrenvorhang, seinem Rang geschuldet.

In jüngster Zeit wurde der Versuch gemacht, die unzureichende Bedeckung der Genitalien als gewollten erotischen Beiklang zu erklären. Ich persönlich halte diese im Zusammenhang mit der Bedeutung des Schmerzensmannes eher als beabsichtigte Darstellung maximaler Schutzlosigkeit und Verletzlichkeit.

Die Meisterfrage

Nach 1430 gibt es eine Gruppe stilistisch verwandter Tafelgemälde, deren Meisterstück der Tucher-Altar in der Frauenkirche ist. Zu ihr gehört auch das Ehenheim-Epitaph.

Diese Werkgruppe knüpft an die österreichische und burgundisch-niederländische Malerei an.

Sie zeigt expressive Plastizität in der Körpergestaltung sowie eine verspielt realistische Erzählung des Umfelds – wie etwa die Studierstube des Augustinus auf der Rückseite des Tucher-Altars.

Früher hat man diese ganze Gemäldegruppe dem Meister des Tucher-Altars zugeschrieben, doch hat man nach neuen Stiluntersuchungen, den „Meister des Ehenheim-Epitaphs“, vor allem bei den Werken der 30er Jahre, als separaten Meister neben ihn gestellt.

Die Werke dieser beiden Maler markieren für die Reichsstadt Nürnberg einen bedeutenden künstlerischen Umbruch gegenüber dem in der Böhmischen Malerei wurzelnden Schönen Stil.