Epitaph für Hans und Kunigunde Meyer

Erläutert von Kirchenführer Bernhard Schneider

Geschichte

Das Epitaph (= Gedächtnistafel) für den 1473 verstorbenen Hans Meyer (Wappen links oben) und seine Gemahlin Kunigunde, geb. Sternecker (Wappen rechts oben) ist wohl das älteste Werk aus der Werkstatt Michael Wolgemuts in der Lorenzkirche. Das Bild zeigt die sogenannte Gregorsmesse: Papst Gregor d.Gr. († 604) soll bei einer Eucharistiefeier Christus leibhaftig als Schmerzensmann auf dem Altar erschienen sein. In der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts erfuhr dieses Bildmotiv eine starke Verbreitung, weil ein Gebet davor mit einem Ablass verbunden war.

Beschreibung

Der Blick des Betrachters fällt über die Schultern Gregors – vorne links mit Tiara – auf Christus als Schmerzensmann, der von zwei Engeln gehalten aus dem geöffneten Grab steigt. Sie bedecken seine Scham mit einem durchsichtigen Tuch. Hinten im Gewölbe sind die „Arma Christi“, die Leidenswerkzeuge, zu sehen: Direkt hinter ihm das Kreuz mit der Inschrift, ans Kreuz angelehnt der Stab mit dem Essigschwamm und die Lanze, über dem Querbalken hängen die Peitschen, mit denen Jesus geschlagen wurde. Die Nägel, die ihn am Kreuz hielten, stecken noch im Holz. Neben der Lanze ist das Schwert sichtbar, mit dem Petrus einem Knecht ein Ohr abschlug. Wir sehen rechts neben dem Kreuz die Martersäule mit einem Hahn, der an die Verleugnung des Petrus erinnert, daneben den Hammer, mit dem Jesus an Kreuz geschlagen wurde. Darüber sieht man drei Würfel, mit denen die Knechte um den Rock Jesu losten. Der mittlere Kopf speit Jesus an, die beiden anderen erinnern an Kaiphas und Judas Ischariot. Die hellen Punkte symbolisieren die 30 Silberlinge, die Judas für seinen Verrat erhielt.

Über den Rand des Grabes hängt das durchscheinende Schweißtuch der Veronica mit dem VERA ICON, dem wahren Abbild Christi.

Nur der Papst sieht den Schmerzensmann und der Betrachter, der gleichsam Anteil an der Vision hat. Der assistierende Bischof und die teils knienden, teils stehenden vornehmen Laien bemerken den Schmerzensmann nicht; sie wenden sich dem Papst zu. Ein Messdiener steckt noch schnell eine Kerze auf und die Chorknaben schauen in ihre Notenblätter.

Während der Kirchen- und Altarraum aus Versatzstücken gebildet ist, sehen wir hinter den nachromanischen Arkaden ein Nürnberger Ensemble am Egidienberg. Das repräsentative dreigiebelige Gebäude mit den Rundstäben gehörte dem Patrizier und Goldschmied Sebald Groland, dessen Haus in der Burgstraße Wolgemut gemietet hatte. Daneben sehen wir ein gotisches Fachwerkhaus auf einem steinernen Geschoss, zwischen beiden Häusern einen Ziehbrunnen in der alten Wolfsgasse.

Der goldene Himmel zeigt an, dass die Präsenz Christi im Abendmahl und die Vision Gregors nicht unserer Realität entsprechen, sondern allein auf Gottes Wirksamkeit beruhen.

Von den Personen sind zwei aus älteren Gemälden bekannt. Der kniende Mann mit grünem Dreispitz auf dem Kopf und Kerze in der Hand ist als König Melchior auf dem Löwensteinschen Marienretabel (1456) des Hans Pleydenwurff zu sehen. Den Mann ganz rechts mit der Schriftrolle findet man schon im Middelburger Retabel von 1450 des flämischen Malers Rogier van der Weyden. Wolgemut hat sie als Zitate aus dem Fundus Pleydenwurffs, dessen Witwe er geheiratet hatte, entnommen.