Epitaph für Georg Keyper
Erläutert von Kirchenführer Bernhard Schneider
Das übergroße Epitaph (= Gedächtnistafel) für den aus Bamberg stammenden Juristen Georg Keyper († 1484) entstand in der Werkstatt Michael Wolgemuts. Für die Dominikanerkirche bestimmt, kam es erst nach deren Abriss auf Umwegen um 1867 in die Lorenzkirche.
Vordergrund
Die Tafel zeigt mehrere Situationen nach dem Kreuzestod Jesu gleichzeitig. Beherrscht wird das Bild durch das große T-Kreuz, zu dessen Fuß sich die Hauptszene abspielt, die im Neuen Testament nicht erwähnte Beweinung Christi. Der wachsbleiche Leib Jesu liegt schlaff in einem weißen Tuch auf dem Boden, der Oberkörper wird von seiner Mutter Maria gehalten. Hinter ihr steht der Jünger Johannes. Deutlich sind an Jesu Leib die Wundmale zu sehen. Die toten Augen Christi scheinen sich der unten links knienden Gestalt des Stifters zuzuwenden. Dass der rechte Arm Christi mit einer an den Segen erinnernden Haltung der Finger hinabreicht bis vor Georg Keyper, ist kein Zufall. Keyper kniet, Hut und Rosenkranz haltend, betend vor Christus und darf somit des Heils gewiss sein wie der Verbrecher, der auf der rechten – der guten – Seite Christi gekreuzigt war. Ihm hatte Jesus das Paradies verheißen.
Der Leichnam ist umringt von weinenden Frauen. Neben Jesu Mutter kniet Maria Salome, danach mit verdecktem Gesicht eine unbekannte Frau, dann mit dem Ölgefäß Maria Magdalena und davor Maria Cleophas, die Mutter Jakobus des Jüngeren (nach Markus 15,41). Hinter den Frauen stehen der Pharisäer Nikodemus, der einmal nachts zu Jesus gekommen war, mit den Nägeln aus dem Kreuz in der Hand. Der Ratsherr Joseph von Arimathäa, in dessen Grab Jesus gelegt wurde, hält das Tuch, mit dem Jesus bei der Verspottung die Augen verbunden waren. Ganz rechts ein Mann der höheren Gesellschaftsschicht (spitze Schuhe!) mit der Zange, mit der man die Nägel aus dem Kreuz zog. Die Komposition erinnert an die Beweinung Christi im Peringsdörfer-Altar, der ebenfalls aus der Werkstatt Wolgemuts kommt.
Hintergrund
Neben dem T-Kreuz eröffnet sich eine Landschaft mit zahlreichen interessanten Details, in der sich gleichzeitig weitere Szenen abspielen: Links vom Kreuz tragen vier Personen den toten Jesus hinauf zum Grab, dahinter tröstet Johannes Jesu Mutter. Das Grab unterhalb eines steilen Felsen ist aber schon geöffnet, Christus ist auferstanden! Er befindet sich am linken Bildrand mit zwei Jüngern auf dem Weg nach Emmaus (Lukas 24,13-35) und eilt dann allein mit Siegesfahne (rechts vom T-Kreuz) nach Jerusalem (vgl. Lukas 24,33ff). Jerusalem ist als Reichsstadt (Reichsadler am Tor!) mit Kirchtürmen am Meer gelegen dargestellt. Menschen flanieren am Fluss, offenbar ahnungslos von dem, was vor der Stadt geschah.
Eine kleine Hansekogge auf dem Wasser erinnert an die Arche Noah als Sinnbild der Kirche und der Rettung. Das Schiff ist auch ein Symbol des Übergangs.
Unten rechts vor dem Leichentuch kann man eine Eidechse und einen Falter (Schmetterling) erkennen. Beide sind ein Symbol für Auferstehung.
Über allem sehen wir einen durchgehend goldenen Himmel. Das ist ein Hinweis, dass wir es bei dem Dargestellten – Jesu Tod und Auferweckung – nicht mit menschlicher Realität, sondern mit Gottes Realität und Wirksamkeit zu tun haben. Der Himmel deutet auf die Herrlichkeit Gottes, auf das neue Jerusalem hin.